Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

adesso Blog

Im ersten Teil meines Blog-Beitrags habe ich die These aufgestellt, dass die Wiederholung aktueller Buzzwords eine Mystifizierung der Digitalisierung zur Folge hat. Sofern sich Organisationen in diesem Prozess nicht an einem grundlegenden Handlungsrahmen orientieren, droht die Gefahr, in einen digitalen Aktionismus zu verfallen. Wie ein solcher Rahmen aussehen könnte, möchte ich euch im Folgenden näher erklären.

Dabei orientiere ich mich an einem Model, das von dem renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern entwickelt wurde. Dieses Model diente bereits in vielen adesso-Projekten, in denen es um die Entwicklung von Digitalisierungsstrategien ging, als Grundlage und wurde um unsere Branchen- und Technologieerfahrungen ergänzt.

Die Forscher am MIT haben herausgefunden, dass digital erfolgreiche Unternehmen zwei Aspekte signifikant besser beherrschen, als die relevanten Wettbewerber: Zum einen das digitale Leistungsvermögen und zum anderen die sogenannte digitale Führungskompetenz. Während der erste Aspekt die Frage nach dem „was“ thematisiert, stellt der letztgenannte die Frage nach dem „wie“ in den Mittelpunkt.

Das digitale Leistungsvermögen

Bei der Frage nach dem eigenen digitalen Leistungsangebot erfolgt zunächst eine Differenzierung nach den Perspektiven „Kundenerlebnis“, „operative Geschäftsprozesse“ und „Geschäftsmodel“. Da kaum ein Unternehmen ein unbegrenztes Budget zur Verfügung hat und es die digitale eierlegende Wollmilchsau in den meisten Fällen nicht gibt, ist eine strategische Fokussierung erforderlich. Hier muss zwingend ein Abgleich zwischen der Digitalisierungs- und der übergeordneten Unternehmensstrategie erfolgen. Nur dann kann die Frage geklärt werden, ob Digitalisierung überwiegend auf das externe Kundenerlebnis oder die interne Prozesseffizienz und -effektivität wirken soll.

Vielleicht sieht eure Strategie ja ebenfalls eine Überarbeitung des Geschäftsmodells vor. In diesem Fall solltet ihr eure Ressourcen auf einen Aspekt fokussieren. Wichtig ist nur, dass ihr nicht wahllos nach dem Gießkannenprinzip eure begrenzten Ressourcen verteilt.

Die digitale Führungskompetenz

Der Aspekt der digitalen Führungskompetenz behandelt jene Mechanismen, die Unternehmen dazu befähigen, ihr Leistungsversprechen auch tatsächlich liefern zu können. Führung beginnt in den meisten Fällen mit dem Aufstellen eines Zielbildes oder besser gesagt, einer digitalen Vision und ist ein vom Management initiierter Prozess.

Visionen können jedoch nur von den Menschen in die Realität umgesetzt werden, die neue Werte schaffen. Entsprechend ist die Mitwirkung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Richtung Digitalisierung zwingend sicherzustellen. Damit alle Beteiligten in die gleiche Richtung laufen, wird zusätzlich so etwas wie eine digitale Unternehmensverfassung oder eine Governance-Struktur benötigt, in der klar geregelt ist, wer welche Kompetenzen hat und wie Entscheidungen getroffen werden. Zudem ist es wichtig, dass Fachbereiche sowie IT lernen, partnerschaftlich und auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten und jeder die Perspektive des anderen besser versteht.

Wie die einzelnen Bausteine des MIT-Handlungsrahmens zusammengefasst und geordnet nebeneinander aussehen, könnt ihr in der folgenden Grafik erkennen. Jeder einzelne Baustein kann bei Bedarf durch weitere und detailliertere Guidelines flankiert werden.


Bausteine des MIT-Handlungsrahmens

Die richtige „Mischung“ macht den Unterschied

Durch die Differenzierung von „Leistungsvermögen“ und „Führungskompetenz“ ergibt sich eine Vier-Felder-Matrix, in der jeder Aspekt die Ausprägung „hoch“ und „gering“ einnehmen kann. Jeder Quadrant steht dabei für einen spezifischen digitalen Reifegrad, der wiederum einen korrespondierenden Transformationspfad nach sich zieht. Wie auf der folgenden Abbildung zu erkennen ist, können digitale Reifegrade unterschiedliche Ausprägungen annehmen.


Digitale Reifegrade und entsprechende Transforamtionsgrade

Digitaler Meister

Verfügt eine Organisation über ein ausgeprägtes Leistungsvolumen und eine hohe Führungskompetenz, kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch – als digitaler Meister ist man bestens auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet. Hier stimmt alles.

Digitaler Fan

Verfügt eine Organisation lediglich über ein hohes Leistungsvolumen und eine geringe Führungskompetenz, dann ist sie ein sogenannter „digitaler Fan“. Als digitaler Fan ist es wichtig, Führungsstrukturen einzuziehen und den Prozess der Digitalisierung besser zu begleiten.

Konservative

Wie mit der Digitalisierung umgegangen wird, kann recht unterschiedlich ausfallen. So trauen sich konservative Organisationen, die eine ausgeprägte Führungskultur aufweisen, in der Regel nicht so recht an die Digitalisierung heran. Sie müssen kleine Erfolgserlebnisse verspüren, um so Vertrauen in sich selbst zu gewinnen und Schwung aufzunehmen.

Anfänger

Spannend ist die Frage, wie sich Organisationen mit geringem Leistungsvermögen und geringer Führungskompetenz - sogenannte „digitale Anfänger“ - verhalten sollen. Sicherlich ist es für digitale Anfänger nicht ratsam, erst Chaos zu stiften, nur um es später wieder aufzuräumen. Der Weg zum digitalen Meister kann nicht von jetzt auf gleich zurückgelegt werden. Eine ausgiebige Beschäftigung mit sich selbst und die reine Fokussierung auf „Organisationsprojekte“ ist wenig sinnvoll. Es könnte nämlich sein, dass sich der relevante Wettbewerb dann schon auf der Überholspur befindet. Das angesprochene Modell sieht an dieser Stelle vor, dass zunächst erste Führungsstrukturen etabliert und auf dieser Basis erste digitale Projekte gestartet werden. Führung und Struktur sind an dieser Stelle wichtiger, als einfach drauflos zu digitalisieren.

Auf den Startpunkt der digitalen Transformation kommt es an

Womit genau gestartet werden sollte, beziehungsweise welche Bausteine besonders relevant sind, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. An dieser Stelle kann ein ausgeprägter Digital Readiness Check Organisationen und Unternehmen dabei unterstützen, ihren digitalen Reifegrad zu ermitteln. Ein solcher Readiness Check beinhaltet:

1. Die Erhebung des Startpunktes der Digitalisierung durch eine strukturierte Online-Befragung (Selbstbild der Organisation).

2. Eine freiwillige und anonyme Befragung der Mitarbeitenden.

3. Circa 100 Fragen zu allen Bausteinen der Digitalisierungsstrategie.

4. Die Differenzierung der Ergebnisse nach Organisationseinheiten und Führungsebenen.

5. Die Beteiligung sämtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

6. Eine anschließende Durchführung von Interviews, Marktbeobachtungen sowie Trend- und Umfeldanalysen durch ein großes Forschungsnetzwerk, Kooperationen mit Lehrstühlen oder einen großen Marktüberblick.

Ihr möchtet mehr zu unserem Digital Readiness Check erfahren? Dann werft einen Blick auf unsere Website oder sprecht uns an. Gemeinsam können wir überlegen, wie ihr eure Digitalisierungsaktivitäten gestalten könnt.

Ihr möchtet erfahren, welchen digitalen Reifegrad euer Unternehmen hat? Wie wäre es mit einem Digital Maturity Check! Wir unterstützen euch dabei. Auf unserer Website erfahrt ihr mehr.

Der erste Teil des Blog-Beitrags „Und täglich grüßt die Digialisierung".

Bild Marc Jasper

Autor Marc Jasper

Marc Jasper ist Managing Consultant in der Line of Business Health bei adesso. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Leitung komplexer Organisationsprojekte mit Schnittstellen zur IT. Neben der Einführung von Standardbranchenlösungen verfügt er über relevante Projekt- und Führungserfahrung in den Bereichen Sanierung, Organisationsentwicklung und Change Management. Weitere Schwerpunkte seiner Tätigkeit liegen in der Erhebung digitaler Organisationsreifegrade sowie in der Entwicklung und Umsetzung von Digitalisierungsstrategien.

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