Menschen von oben fotografiert, die an einem Tisch sitzen.

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Wie offen sind Verbraucher für das Thema KI? Was sind ihre Erwartungen, was die Befürchtungen? Und was denken die Verantwortlichen in Unternehmen über ihre Kunden und deren KI-Affinität? Wir haben uns dazu entschlossen, beide Gruppen zu fragen. Denn es herrscht kein Mangel an Studien zu KI – eine entsprechende Suchanfrage bei Google führte im Juli 2019 zu 13.900.000 Treffern. Trotzdem fehlte uns ein Aspekt: Wie unterscheiden sich die Blickwinkel von Unternehmensverantwortlichen und Endverbrauchern bei diesem Thema? Erstere entwickeln auf Basis der neuen Technologie neue Abläufe, Services oder Geschäftsmodelle. Letztere sollen diese KI-basierten Angebote nutzen.

Im Januar und Februar 2019 führten wir gemeinsam mit unserem Marktforschungsinstitut Heute und Morgen GmbH eine Umfrage unter Unternehmensentscheidern und Endkunden durch. Am Ende der Befragung lagen uns die Angaben von über 320 Verantwortlichen und 1.000 Verbrauchern vor. Die Fragebögen drehten sich zunächst allgemein um Planungen, Erwartungen, Hoffnungen und Einsatzszenarien rund um KI. Im zweiten Teil ging es darum, KI greifbarer zu machen. Also nicht abstrakt über neue Kommunikationsformen oder Serviceangebote zu reden, sondern über konkrete Anwendungsfälle.

Dafür stellten wir Entscheidern und Kunden Beispiele für den Einsatz von KI-Lösungen vor: den persönlichen Assistenten im Auto, den Gesundheitscoach am Handgelenk, den automatisierten Anlageberater oder den Supermarkt ohne Kassen. Die Expertengruppe baten wir darum, die Szenarien aus dem Blickwinkel ihrer Branche zu bewerten: Haben sie ein ähnliches Thema auf dem Schirm? Hat es Marktpotenzial? Ist es interessant für Kunden? Kunden wurden gefragt, ob sie das Anwendungsbeispiel für interessant halten. Und ob sie sich vorstellen können, so einen Service oder so ein Produkt zu nutzen.

KI? Finde ich gut!

Unternehmensverantwortliche und Endkunden stimmen in vielen Punkten überein. Einer davon ist die Bedeutung von KI: Nur 30 Prozent der Verbraucher halten KI für ein überbewertetes Hype-Thema; 81 Prozent glauben, die Technologie ist wettbewerbsentscheidend. Und sie gehen mit großer Offenheit auf das Thema zu. Angst haben nur 29 Prozent, aber dass KI ihnen persönlich Vorteile bringt, glauben 83 Prozent. Diese Zahlen zeigen: Der Ruf von KI beim Otto Normalverbraucher ist besser, als so mancher schwarzseherischer Beitrag vermuten lässt. Sind diese Ergebnisse einfach das Resultat einer naiven Herangehensweise an das komplexe Thema?

Eher eine erfrischende Nüchternheit. Die Befragten mögen keine Experten für KI, maschinelles Lernen oder das Designen von Algorithmen sein. Aber sie haben ein gutes Gespür für die Möglichkeiten, die sich ihnen eröffnen. Sie blicken hinter all den KI-Zauber und sehen einfach weitere Technologien mit Vor- und Nachteilen. Und ihrer Meinung nach überwiegen die Vorteile. Was lernen Unternehmen daraus? Das Thema KI ist bei der Mehrheit der Verbraucher positiv besetzt. Dieser Optimismus, diese Offenheit sind Aspekte, die das Ausrollen von KI-Anwendungen erleichtern.

Werden KI-Anwendungen zum Selbstläufer? Stürzen sich Verbraucher voller Freude auf neue, KI-gestützte Services und Produkte?

Zwischen Interesse und Bedenken hin- und hergerissen

Die Bewertung der Technologie fällt zwar positiv aus. Geht es aber um die Bereitschaft, KI-Angebote auch zu nutzen, sinken die Zustimmungsquoten. Dies ergibt die Auswertung der Anwendungsfälle, die wir den Entscheidern und Endanwendern zur Bewertung vorlegten. Ein Beispiel aus dem Banking-Bereich verdeutlicht die Zusammenhänge.

Die Verantwortlichen aus der Branche Banken/Finanzdienstleistungen überzeugte das Szenario „virtueller KI-Serviceassistent“.

Kurzbeschreibung des virtuellen KI-Serviceassistenten: Ihre Bank hat einen neuen Mitarbeiter im Service. Der neue Ansprechpartner ist Tag und Nacht erreichbar, er reagiert auf Chatnachrichten genauso zuverlässig wie auf Anrufe. Freundlich und kompetent kümmert er sich um Ihre Aufträge („Bitte überweise noch 200 Euro an Petra Mustermann“) oder Anfragen. Dahinter steckt eine KI-Anwendung, die Ihre Kontobewegungen und die anstehenden Ausgaben ebenso im Blick hat wie Dispogrenzen. Das System schlägt Ihnen sogar Geldtransfers vor, um für Liquidität zu sorgen: „Soll ich Geld vom Tagesgeldkonto auf das Girokonto überweisen? Dein Gehalt ist noch nicht eingegangen, aber die Miete wird morgen abgebucht.“

83 Prozent der Entscheider gehen davon aus, dass so ein KI-Anwendungsfall für Kunden interessant ist. Von denen sagen aber nur 46 Prozent, dass sie so einen KI-Serviceassistenten nutzen wollen. Ob Banken, Handel, Versicherungen, Automobil oder Gesundheitswesen: Bei den Anwendungsfällen quer durch alle Branchen zeichnen sich ähnliche Tendenzen ab. Die Verantwortlichen in Unternehmen überschätzen die Affinität ihrer Kunden für KI-Anwendungen: Während die Entscheider höchste Zustimmungswerte vermuten, sind die Endkunden deutlich reservierter.

Die Analyse der Umfrage macht eine Diskrepanz bei Verbrauchern deutlich. Einerseits sind sie offen für das ganze Thema KI und versprechen sich persönlich eine Verbesserung ihrer Lebensumstände. Andererseits hat die Mehrheit Bedenken, entsprechende Lösungen wie kassenlose Supermärkte, automatische Geldanlageassistenten oder virtuelle Ärzte zu nutzen. Unternehmen müssen hier noch Überzeugungsarbeit leisten. Sie bauen dabei auf der positiven Grundstimmung im Markt auf. Aber es gilt, die Vorteile, den Umgang mit Daten und die eingesetzten Sicherheitsmaßnahmen transparent und einfach zu kommunizieren.

Verbraucher wollen wissen, wie Anbieter mit Informationen umgehen. Gerade im Umfeld von KI-Anwendungen, bei denen es um eine persönliche Interaktion und sensible Themen geht, ist dies entscheidend. Nur wer bei seinen Kunden Vertrauen aufbaut, wird sich im KI-Wettbewerb durchsetzen.

KI ist somit kein technisches Thema, sondern ein zutiefst menschliches. Denn es gibt vielleicht eine Künstliche Intelligenz, aber kein künstliches Vertrauen.

1. These: Vor der Künstlichen ist die menschliche Intelligenz gefragt
2. These: KI findet die Nadel im Heuhaufen. Selbst ohne Nadel und ohne Heuhaufen
4. These: AI Summertime and the livin’ is easy
5. These: Das “A” in “AI” bedeutet nicht Abrakadabra, sondern „Arbeit“
6. These: KI fängt mit „D“ wie „Daten“ an

Mehr über die Ergebnisse unserer Umfrage
Bild Volker Gruhn

Autor Prof. Dr. Volker Gruhn

Prof. Dr. Volker Gruhn gründete 1997 adesso mit und ist heute Vorsitzender des Aufsichtsrats.

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