Die Ampel für Autos springt auf Gelb, da laufen auch schon zwei Fußgänger quer über die Straße, um die Häuserecke schießt gerade ein Radfahrer und der LKW, der mitten der Kreuzung steht und abbiegen will, nimmt allen die Sicht. Eine Situation, die typisch ist für größere Verkehrsknotenpunkte in Innenstädten. Hier trifft die ganze Bandbreite von Verkehrsteilnehmern aufeinander: vom Fußgänger, der sich mit Augen und Ohren orientiert, bis hin zum Fahrer einer Oberklasse-Limousine, der umringt ist von einer ganzen Armada von Assistenz- und Sicherheitssystemen. In wenigen Jahren kommen hier noch Fahrzeuge hinzu, die gänzlich alleine fahren werden.
Dieser verkehrstechnischen Brennpunkte in Städten nimmt sich das Forschungsvorhaben InVerSiV (Intelligente Verkehrsinfrastruktur für sicheres vernetztes Fahren in der Megacity) an. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen wählte im Zuge des Leitmarktwettbewerbs IKT.NRW InVerSiV als eines von elf förderungswürdigen Projekten aus. Mit diesem Wettbewerb will das Land die Innovationskraft des Leitmarkts Informations- und Kommunikationswirtschaft stärken. Dabei stehen insbesondere die Themen Cyber-Physical Systems, zukunftsfähige Mobilität, IT-Sicherheit sowie die Digitale Transformation als Enabler für Industrie 4.0 im Fokus des Wettbewerbs. Das Vorhaben wird darüber hinaus mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.
Zum InVerSiV-Projekt gehören, neben dem Konsortialführer adesso AG, und der Technischen Universität Dortmund die Unternehmen Wilhelm Schröder GmbH (Herscheid), CommAgility LTD (Duisburg) und SGS TÜV-SAAR GmbH (Dortmund). „Mit diesem Team wollen wir beweisen, dass ein durchdachtes System von Sensoren, Endgeräten und der passenden IT-Infrastruktur dabei helfen kann, Mobilität in Großstädten sicherer zu machen“, erläutert der adesso-Projektverantwortliche Thomas von Schwartzenberg. „Wir entwickeln hier gemeinsam eine integrierte Lösung, die Städte in Zukunft gezielt an besonders heiklen Punkten ihrer Verkehrsinfrastruktur einsetzen können.“ Dabei geht es nicht darum, dafür die in modernen Fahrzeugen bereits vorhandenen Sicherheitssysteme zu nutzen. Ziel ist es vielmehr, eine unabhängige, weitere Informationsquelle aufzubauen und allen anzubieten. In Verbindung mit weiteren Informationen aus lokalen oder globalen Datenquellen, zum Beispiel aus Übersichtsplänen oder digitalen Karten wie Open Street Map entsteht so ein, im Vergleich mit einer rein fahrzeugbasierten Sensorik, deutlich umfassenderes Bild der Umgebung und der Verkehrssituation.
Dabei beschränkt sich der Ansatz des Forschungsprojektes nicht nur auf PKW- oder LKW-Fahrer. Auch Fußgänger oder Radfahrer sollen von den Vorteilen des Systems profitieren. Deswegen arbeitet das InVerSiV-Team neben dem Aufbau der Sensorik und der IT-Infrastruktur auch an dem richtigen Kommunikationsweg in Richtung der Verkehrsteilnehmer. „Aktuell experimentieren wir noch mit der richtigen Art und Weise der Darstellung der Informationen“, so Thomas von Schwartzenberg. „Denkbar ist, dass wir die dafür flächendeckend vorhandenen Smartphones nutzen. Hier spielt die Gestaltung der Benutzerschnittstelle eine besonders wichtige Rolle. Wir müssen sicherstellen, dass alle die für sie relevanten Informationen schnell und einfach wahrnehmen können.“
Das System, an dem die Fachleute arbeiten, wird dabei nicht so ausgelegt, dass es eigenständig eine Handlungsalternative für Verkehrsteilnehmer auswählt, beispielsweise für Fahrer beziehungsweise Passagiere eines autonom oder teil-autonom fahrenden Autos. Es geht bei dem Projekt darum, die Informationslage der Verkehrsteilnehmer zu verbessern, damit sie bessere und sichere Entscheidungen treffen können.